Quelle: Grafschafter Nachrichten 2. August 2023; Autor: Moritz Mohring;
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Zu jener Zeit, als die Bankgeschäfte oft noch nebenamtlich in privaten Wohnzimmern betrieben wurden, gründeten zwölf Landwirte, ein Lehrer und ein Pastor die Genossenschaft Spar- und Darlehnskasse Brandlecht. 100 Jahre und viele Entwicklungen später feiert die heutige Geschäftsstelle der Grafschafter Volksbank in Brandlecht Jubiläum. Im Café Staelberg auf der gegenüberstehen Straßenseite der Filiale blickten die Mitarbeiter auf die Historie des Gründerstandorts zurück.
Die Anfänge wirken rückblickend geradezu unbedarft. Da es noch keine festen Kassenzeiten gab, konnte von einem Tagesbetrieb kaum die Rede sein. Kein Wunder: Als Nachfolger des Brandlechter Lehrers und Vorstands Johann Wieking betrieb auch Bürgermeister Harm Vos das Bankgeschäft eher nach Bedarf. Geldschrank und Kasse standen weiterhin im Wohnzimmer.
Diese Zeit lässt sich als Findungsphase beschreiben. Aus alten Protokollen geht hervor, dass sich Modelle wie der gemeinschaftliche Warenbezug nicht ausgezahlt haben und es 1933 nach Unstimmigkeiten sogar zum ganzheitlichen Rücktritt von Vorstand und Aufsichtsrat kam. Im Jahr 1935 war die Bank in derartigen finanziellen Schwierigkeiten, dass eine Auflösung nur mithilfe des Genossenschaftsverbandes abgewandt werden konnte. Erst mit dem Bau eines eigenen Bankgebäudes (Schulstraße 40, heute Raiffeisenstraße) gegenüber der Molkerei Hestrup und der Einführung von Kassenstunden gelang es 1938, die Geschäfte in ruhigere Bahnen zu lenken.
Während der schwierigen Jahre nach dem Krieg verzichtete Dr. Bernhard Holke auf sein Gehalt und übernahm die Geschäftsführung ehrenamtlich. Zu dieser Zeit habe die Bank vor Herausforderungen gestanden, die man hoffentlich nicht noch einmal erleben müsse, betonte der heutige Vorstand Gregor Neuhäuser in seiner Ansprache zum Jubiläum.
Unter der Leitung von Hermann Wilmink, der das Bankgeschäft in 45 Berufsjahren prägte, wurde 1965 in einem Geschäftsraum des Hauses Landwehr eine Zweigstelle in Brandlecht eröffnet.
In dieser Zeit war auch schon der Neubau des Bankgebäudes in Hestrup beschlossene Sache. Dieser wurde direkt neben der ehemaligen Geschäftsstelle errichtet und konnte im folgenden Jahr bezogen werden. Auch in Brandlecht gab es Ende der 1970er-Jahre neue Räumlichkeiten für die Bank am Zollhausweg 2.
Am 18. August 2001 folgte schließlich die Zusammenführung der Geschäftsstellen in Brandlecht und Hestrup. Sie wurden am heutigen Standort an der Engdener Straße 28 zusammengelegt. Während der Jubiläumsfeier rief Heinrich Kethorn, Aufsichtsratmitglied bis 2022, in Erinnerung, dass viele Hestruper Landwirte vom Umzug ihrer Filiale nach Brandlecht zunächst nicht begeistert waren: „Wir Bauern sind sonst immer in Arbeitsklamotten zur Bank gegangen und konnten gegenüber bei der Genossenschaft Dünger und Getreide holen.“ Stattdessen mussten sie fortan immer mit dem Trecker nach Brandlecht fahren.
Im Juni 1970 kam es zur ersten Fusion mit der Volksbank Nordhorn zur Raiffeisen- und Volksbank Nordhorn. Diese bestand 34 Jahre lang. Nach verschiedenen Fusionen ist Brandlecht heute Teil der Grafschafter Volksbank.
Mit Alina Hoesmann hat der Ort seit diesem Jahr die jüngste Geschäftsstellenleiterin in der Historie der Grafschafter Volksbank. Zuletzt hat sie ihren Bankbetriebswirt abgeschlossen: „Jetzt kann ich mich ganz auf das Geschäft konzentrieren.“ Sie und ihre Kollegen sind mit der Betreuung von aktuell 1191 Kunden befasst. Davon sind 26 Firmenkunden. Durch das Tagesgeschäft kennt Hoesmann viele von ihnen sehr gut. Mit der Bäckerei gegenüber prägt die Volksbank-Filiale für Brandlecht einen Ortskern. Das, findet sie, „funktioniert wunderbar“.